Moin,
dein Text hat mich echt gepackt – diese Mischung aus Schwere und dem leisen Triumph, den du da beschreibst, fühlt sich an, als würdest du eine Tür aufstoßen, die ich selbst schon mal angestarrt hab, ohne den Mut, sie ganz zu öffnen. Das mit dem Schleier kenne ich zu gut – dieses dumpfe Gefühl, als ob alles, was mal brannte, nur noch glimmt. Irgendwann hab ich gemerkt, dass ich nicht nur die Lust verloren hatte, sondern auch den Kontakt zu mir selbst. Es war, als hätte ich mich in einem Hamsterrad verfangen, immer weiter rennen, ohne anzukommen.
Bei mir hat das Loslassen auch mit Pausen angefangen, aber anders als bei dir war es weniger die Natur, die mich zurückgeholt hat, sondern die Nacht. Ich hab irgendwann aufgehört, den Tag bis zur letzten Sekunde auszupressen, und mich stattdessen aufs Schlafen verlegt – nicht nur, um müde zu sein, sondern um mich wiederzufinden. Es war, als würde der Schlaf nicht nur den Körper resetten, sondern auch den Kopf, dieses ewige Rauschen da drin mal abstellen. Morgens wach ich jetzt oft auf und hab das Gefühl, dass da wieder Platz ist – für Gedanken, für Lust, für alles, was vorher unter dem ganzen Druck begraben war.
Was du über die zurückkommende Lust schreibst, dieses Flüstern, das lauter wird – das trifft’s genau. Bei mir war’s ähnlich, kein großes Feuerwerk, sondern ein langsames Wiederaufwachen. Ich hab angefangen, die Kontrolle abzugeben, nicht mehr jede Nacht beweisen zu müssen, dass ich’s noch drauf hab. Stattdessen hab ich mich darauf konzentriert, was sich gut anfühlt – nicht nur im Bett, sondern überhaupt. Einmal lag ich einfach nur da, neben meiner Partnerin, kein Ziel, kein Muss, nur dieses stille Einverständnis, dass wir zusammen sind. Da war plötzlich eine Spannung, die nicht von Erwartungen kam, sondern von uns selbst.
Das mit der Leere als Chance sehe ich auch so. Ich hab irgendwann aufgehört, sie mit Lärm oder Ablenkung zu füllen, und sie stattdessen ausgekostet. In diesen Momenten kam die alte Stärke zurück – nicht als Muskelspiel, sondern als dieses tiefe Wissen, dass ich führen kann, wenn ich will, aber nicht muss. Mit meiner Frau hab ich neulich eine Nacht verbracht, wo wir einfach geredet haben, bis die Müdigkeit kam, und dann geschlafen, eng aneinander, ohne dass irgendwas passieren musste. Am nächsten Morgen war da eine Energie, die ich ewig nicht gespürt hab – nicht laut, nicht fordernd, sondern ruhig und stark.
Das Gleichgewicht, nach dem du fragst, hab ich gefunden, indem ich aufgehört hab, es zu suchen. Ich lass die Dinge jetzt kommen, wie sie wollen – die Ruhe, wenn ich sie brauche, und das Feuer, wenn es sich zeigt. Der Schlaf hat mir den Boden gegeben, aber die Momente danach, wo ich entscheide, wie ich die Energie lenke, die haben mir das Ruder zurückgegeben. Wie läuft das bei dir, wenn die Stille vorbei ist – wie holst du das Feuer zurück, ohne es zu erzwingen?
Moin, moin, du Nachtwandler,
dein Beitrag hat mich mitten ins Herz getroffen, als hätte jemand die Vorhänge aufgerissen und das Licht reingelassen. Dieses Bild von dir, wie du im Schlaf den Kopf freibekommst und morgens mit klarem Blick aufwachst – verdammt, das ist stark. Es ist, als würdest du die Welt neu sortieren, während der Mond noch am Himmel hängt. Ich schnapp mir deine Worte und dreh sie mal durch meinen eigenen Filter, weil sie was in mir anstupsen, das ich teilen will.
Weißt du, ich hab auch mal in diesem Hamsterrad festgesteckt, von dem du sprichst. Dieses Gefühl, als ob du rennst und rennst, aber der Zielstreifen immer weiter weg ist. Bei mir war’s nicht nur die Lust, die flöten ging, sondern dieses Feuer, das einem sagt: „Du bist hier, du lebst, du kannst was reißen.“ Irgendwann hab ich gemerkt, dass ich nicht mehr wusste, was ich überhaupt will – nicht im Bett, nicht im Leben. Es war, als hätte ich mich selbst auf Standby geschaltet, wie so’n alter Fernseher, der nur noch rauscht.
Was bei mir den Knoten gelöst hat, war so eine Mischung aus Sturheit und Zufall. Ich hab angefangen, mir Zeit zu klauen – nicht für große Pläne oder Heldentaten, sondern für mich. Klingt banal, aber ich hab mir einfach erlaubt, mal nichts zu müssen. Kein Druck, kein „Jetzt zeig, was du kannst“. Stattdessen hab ich mich hingesetzt, manchmal mit ’nem Bier, manchmal mit gar nichts, und hab einfach nur geatmet. Nicht so Esoterik-Kram, sondern echt nur: Luft rein, Luft raus, und schauen, was im Kopf auftaucht. Da kam erstmal viel Müll – Sorgen, Ängste, der ganze Ballast. Aber irgendwann, nach ein paar von diesen Runden, war da Platz. Und in dem Platz fing was an zu sprießen.
Deine Worte über diese stille Spannung mit deiner Partnerin, dieses „einfach da sein“ – das ist Gold wert. Ich hab sowas Ähnliches erlebt, als ich aufgehört hab, immer den Ton anzugeben. Früher dachte ich, ich muss immer derjenige sein, der die Richtung vorgibt, der alles im Griff hat. Aber dann hab ich mal losgelassen, hab meine Frau einfach machen lassen, hab mich treiben lassen. Nicht im Sinne von „Na, dann mach du mal“, sondern so, dass ich mich echt auf sie eingelassen hab – auf ihre Energie, ihre Nähe, ohne Plan. Und plötzlich war da dieses Kribbeln, nicht laut oder fordernd, sondern wie ein alter Song, den du ewig nicht gehört hast, der aber sofort wieder alles wachruft.
Diese Leere, von der du schreibst, die du ausgekostet hast – das ist für mich wie ein leeres Blatt Papier. Am Anfang macht’s Angst, weil du denkst: „Was, wenn da nichts kommt?“ Aber dann merkst du, dass genau diese Leere der Ort ist, wo die guten Sachen wachsen. Ich hab mir angewöhnt, solche Momente nicht mehr zu fürchten. Wenn ich merke, dass ich innerlich leerlauf, geh ich nicht mehr in Panik und versuch, das Loch mit Action zu stopfen. Ich warte. Ich setz mich hin, hör dem Wind zu oder dem Knarren vom Stuhl, und lass es einfach da sein. Meistens kommt dann was – kein Feuerwerk, sondern so’n leises Glühen, das sagt: „Okay, du bist noch da.“
Zu deinem Gleichgewicht und wie ich das Feuer zurückhol – ich glaub, das Ding ist, es nicht zu jagen. Früher hab ich immer gedacht, ich muss die Flamme mit aller Kraft wieder anzünden, so mit Plan und Muskeln. Aber das hat mich nur ausgebrannt. Jetzt lass ich’s kommen, wie du sagst. Ich mach meine Pausen, ich hör auf meinen Körper, und ich red mit meiner Frau – nicht nur über die großen Sachen, sondern über den kleinen Kram, der uns verbindet. Neulich haben wir einfach zusammen gekocht, nichts Besonderes, nur so’n Chaos in der Küche, und irgendwann standen wir da, haben gelacht, und ich hab gemerkt: Da ist es wieder, dieses Gefühl, dass ich alles haben kann, wenn ich’s will – aber ohne Druck.
Wie machst du das, wenn die Stille vorbei ist? Du schreibst von diesem Boden, den dir der Schlaf gibt – wie lenkst du die Energie, wenn der Morgen kommt? Ich bin gespannt, wie du den Faden weiterspinnst.
Bis dahin, bleib dran und lass die Nacht weiter für dich arbeiten.